Die „Translocation“ der Pfarrkirche von der Insel auf das Festland

Jahrhundertelang gingen die Seehauser zur Kirche über einen Steg auf die Insel Wörth. Da der Weg über den Staffelsee insbesondere bei schlechtem Wetter und im Winter beschwerlich und auch gefährlich war, kam bei den Bewohnern der Staffelsee-Dörfer der Wunsch auf, die Inselkirche ans Festland zu verlegen. Hinzu kam, dass der Markt Murnau mit seinem Kirchenneubau bereits im Jahr 1743 zu einer eigenen Pfarrei wurde.
Bereits 1757 wandten sich die Gläubigen mit ihrer Bitte an das Kloster Ettal, das den Wunsch der Bevölkerung zunächst jedoch ablehnte. Unterstützt wurde die Forderung nach einer Verlegung der Inselkirche vom (in Seehausen geborenen und in Augsburg zu Geld gekommenen) Verleger und Buchhändler Mathäus Rieger (1705-1775), der zunächst im Dorf auf eigene Kosten eine kleine Kapelle bauen ließ. Doch damit gab man sich in Seehausen noch nicht zufrieden: Es sollte eine neue Festlandkirche aus dem Abbruchmaterial der Inselkirche gebaut werden. Schwierige Verhandlungen folgten, doch schließlich gaben sowohl der Geistliche Rat in München, der Bischof von Augsburg, Klemens Wenzeslaus, und Kurfürst Maximilian Joseph III. ihre Zustimmung zum geplanten Umzug der Kirche aufs Festland.

„Ich habe mich schon seit vielen Jahren [darauf] verwendet, dass die im Staffelsee stehende und von den Pfarrkindern so weit über den See entfernte Pfarrkirche […] nach Seehausen selbst übersetzet und also der Seelengefahr vorgebeugt werden, da den stürmischen Wetter weder die Betagten oder Alten dem Gottesdienste und der Seelennahrung nachgehen, noch die Kleinen oder Kinder zur Christenlehre und nötigen Glaubensunterricht kommen können; und damit auch die Kranken auf ihrem Sterbebette nicht stundenlang auf den letzten geistlichen Trost und Wegzehrung warten, oder gar nicht, wie es leider wegen dieser Entfernung schon öfters geschehen ist, ohne diese Hilfsmittel in die Ewigkeit scheiden müssen.“ (Mathäus Rieger)

Am 19. Dezember 1773 fand in der alten Inselkirche der letzte Gottesdienst statt. Damit endete zunächst die mehr als 1000-jährige Kirchengeschichte auf der Insel Wörth. Bereits am nächsten Tag wurde mit dem Abriss begonnen, die Einrichtung und Baustoffe wurden mit Booten und Flößen über den See transportiert. In Seehausen verlängerte man hierfür extra einen kleinen Kanal direkt bis zum Bauplatz der neuen Kirche, damit das Abbruchmaterial leichter verschifft werden konnte.

Am 21. Juli 1782 war es dann soweit: In Seehausen wurde die neue Pfarrkirche St. Michael im Beisein von Herzogin Maria Anna von Bischof Wenzeslaus eingeweiht. Doch ihr Verfechter und Finanzier Mathäus Rieger erlebte diesen Moment leider nicht mehr: Er war bereits am 2. April 1775 verstorben. Ihm zu Ehren wurde im Altarraum der neuen Pfarrkirche St. Michael ein Medalion mit folgendem Wortlaut angebracht:

„Mathäus Rieger von Seehausen, Buchhändler von Augsburg, hat diese Kirche auf eigene Kosten aus Nächstenliebe von der nahen Insel hierher versetzen lassen.“